Maschinendatenerfassung (MDE): Grundwissen Industrie 4.0

Maschinendatenerfassung (MDE): Grundwissen Industrie 4.0

Julius Scheuber

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26.04.2024

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Minuten Lesezeit

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Maschinen bilden die Basis eines erfolgreichen produzierenden Unternehmens. Wie effektiv das Equipment läuft, können Unternehmen anhand verschiedener Parameter bewerten. Im Kontext von Industrie 4.0, Digitalisierung und dem Industrial Internet of Things (IIoT) gibt in erster Linie MDE bzw. die Maschinendatenerfassung (Englisch: Equipment Data Acquisition, EDA) wichtige Einblicke in Produktionsdaten.

Was ist Maschinendatenerfassung (MDE)?

MDE bildet dabei die Schnittstelle zwischen Maschinen, Produktionstechnik und Datenverarbeitung:

Digitale Maschinen erfassen und speichern produktionsrelevante Daten, teilen diese gegebenenfalls untereinander und werten sie in Echtzeit aus.

Die so gewonnen Informationen können dann zum einen mittels spezieller Software zum Beispiel in einem übersichtlichen Produktions-Dashboard visualisiert werden. Zum anderen lassen sie sich auch für Maschinenregelung, Produktionsplanung oder Prozesssteuerung nutzen. Das trägt unter anderem dazu bei, die Produktionsprozesse transparenter zu gestalten, bisher gegebenenfalls ungenutzte Kapazitäten zu erschließen, eventuelle Bottlenecks oder potenzielle Störungen frühzeitig zu identifizieren oder sogar ganz zu vermeiden und so die Produktivität zu steigern.

Je nach Anlage und Unternehmen erfolgt die Maschinendatenerfassung automatisiert über Sensoren, die die gemessenen Parameter direkt für die weitere Verarbeitung in die entsprechende Software übertragen können.

Welche Maschinendaten gibt es in der Fertigung?

Die erfassten Maschinendaten umfassen generell alle Informationen, die in einer Produktionsanlage anfallen können und von speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) oder Sensoren erfasst und zur Verfügung gestellt werden können.

Diese Daten lassen sich dann für unterschiedliche Anwendungsfälle nutzen bzw. aggregieren. Beispielsweise kann so der Durchsatz der Anlage überwacht werden. In solchen Anwendungsfällen spricht man von Leistungsdaten. Zusätzlich ist es auch möglich, die Durchsatzdaten zu integrieren und so den Materialverbrauch der Anlage zu überwachen – das fällt dann in die Kategorie der Verbrauchsdaten.

Zu Maschinendaten gehören beispielsweise die folgenden Informationen:

  • Betriebsdaten (zum Beispiel Start- und Stoppzeiten)

  • Leistungsdaten (zum Beispiel Geschwindigkeit, Druck oder Temperatur)

  • Zustandsdaten (zum Beispiel Verschleiß oder Vibrationen)

  • Wartungsdaten

  • Fehler- und Störungsdaten

  • Energiemanagementdaten (zum Beispiel Energieeffizienz und Energieverbrauch)

  • Produktionsdaten (unter anderem Mengen, Durchsatzraten)

  • Sensor- und Aktuatordaten (Rohdaten, die bei Überwachung und Steuerung der Maschine erfasst werden)

  • Umgebungsdaten (wie Temperatur, Feuchtigkeit, Luftdruck)

  • Betriebsparameter (zum Beispiel Einstellungen der Maschine)

Welche Maschinendaten relevant sind und erfasst, verarbeitet und ggf. kombiniert werden sollten, hängt letztendlich vom jeweiligen Anwendungsfall ab.

Maschinendatenerfassung vs. Betriebsdatenerfassung

Eng verwandt mit der Maschinendatenerfassung ist die sogenannte Betriebsdatenerfassung (BDE). Doch die beiden Begriffe bedeuten nicht dasselbe: Während sich die MDE auf die Informationen konzentriert, die die Maschinen in der Fertigung über den Produktionsprozess und die Produkte zur Verfügung stellen, ist der Horizont der BDE weiter gefasst. 

Die Betriebsdaten eines Unternehmens beinhalten sowohl organisatorische Daten, etwa zu Aufträgen und Personal, als auch technische Informationen zu Maschinen, Material und Werkzeugen. Somit stellt die Maschinendatenerfassung einen Teil der Betriebsdaten zur Verfügung und fließt in die Betriebsdatenerfassung des gesamten Unternehmens ein.


Warum MDE in der Fertigung konsequent unterschätzt wird und Projekte scheitern

Einer der Hauptgründe, warum MDE-Projekte nach hinten losgehen, ist, dass viele nicht verstehen, was alles zur Maschinendatenerfassung gehört.

Denn Maschinendatenerfassung wird oft mit der reinen Konnektivität von Maschinen verwechselt. Mit der Konnektivität wird jedoch nur die "Sprache" der Maschine auf ein offenes Protokoll (z.B. OPC UA) übersetzt, damit wird die Daten auslesen können.

Zur erfolgreichen Nutzung der Daten (das gewünschte Endergebnis) sind jedoch gleich vier Komponenten notwendig, die oft vergessen oder in ihrer Komplexität unterschätzt werden:

  1. Konnektivität: Von einem proprietären Protokoll hin zu einem offenen Protokoll.

  2. Datenaufbereitung: Aus wirren Variablen nutzbare Daten machen (korrekte Einheiten, standardisierte Benennung, etc.)

  3. Datenspeicherung: Aufbereitete Daten langfristig, sicher und zentral zugänglich machen.

  4. Datennutzung (z.B. Analyse-Tool): Daten zur Optimierung der Fertigung nutzen.


Wir beleuchten jede dieser Komponenten in unserem Artikel zur MDE-Software genauer, und erklären, wie du Maschinendatenerfassung erfolgreich umsetzen kannst.

4 Beispiele für die Nutzung von Maschinendaten mit der ENLYZE App

Durch MDE erfasste und bereitgestellte Maschinendaten lassen sich in der datenbasierten Fertigung in vielen verschiedenen Bereichen und für unterschiedliche Zwecke nutzen. Grundsätzlich zielt die MDE, wie viele anderen Produktionsanalysen auch, auf die Optimierung der Fertigung und ihrer Prozesse ab.

Nützlich ist dabei zum Beispiel ein zentrales Produktions-Dashboard, in das alle erfassten Maschinendaten einfließen. So gibt es den Werkern in Echtzeit Auskunft darüber, welche Aufträge aktuell auf welchen Anlagen laufen und ob sie nach Vorgabe gefertigt werden.

Um die Vorteile der digitalen MDE nutzen zu können, digitalisieren wir bei ENLYZE alle relevanten Maschinendaten, verknüpfen diese mit den Auftragsdaten aus MES und ERP und führen alles in der ENLYZE Manufacturing Data Platform™️ zusammen. Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, die Maschinendaten aus der Fertigung zu nutzen. Einige Beispiele findest du im Folgenden:

Beispiel 1: OEE-Management

OEE steht für Overall Equipment Effectiveness, was auf Deutsch Gesamtanlageneffektivität bedeutet. Die Kennzahl misst die Produktivität von Industrieanlagen und Maschinen in der Fertigung. Dafür bezieht der OEE die Verfügbarkeit der Anlage sowie ihre Leistung und die Qualität der produzierten Teile ein und setzt sie ins Verhältnis zueinander. Der OEE gilt als der Goldstandard für produzierende Unternehmen, um die Effektivität ihres Shopfloors zu bewerten.

Die ENLYZE Plattform bietet unter anderem die Möglichkeit, den OEE der Anlagen über ein OEE-Dashboard im Blick zu behalten und zu steuern. Die MDE ermöglicht es wiederum, den OEE sowie die einzelnen Verluste basierend auf Maschinendaten akkurat und automatisiert zu erfassen und im Zeitverlauf zu visualisieren. Daraus lassen sich dann kennzahlbasiert Verbesserungspotenziale identifizieren, entsprechende Maßnahmen ableiten und die Gesamtanlageneffektivität steigern.


Wie du den OEE deiner Anlagen berechnest, erfährst du in diesem Artikel. Informationen darüber, was du bei der Auswahl der passenden OEE-Software beachten solltest, findest du in diesem Artikel.

Beispiel 2: Produktionsüberwachung

Mithilfe von MDE ergeben sich weitgreifende Möglichkeiten, die eigene Produktion zu überwachen. Dafür fließen alle Maschinendaten aus der Fertigung sowie Informationen aus ERP und MES in der ENLYZE Plattform zusammen, wo sie ausgewertet werden können. In verschiedenen Dashboards lassen sich diese Informationen zudem anschaulich visualisieren. So haben Unternehmen immer den Überblick über den aktuellen Zustand aller Anlagen in der Fertigung, der auf Echtzeitdaten basiert.



Beispiel 3: Rückverfolgbarkeit

Auch auf den besten Shopfloors kommt es immer wieder zu Prozessschwankungen und Produktionsfehlern. Diese später nachvollziehen zu können, ist wichtig, um sie in Zukunft zu vermeiden. Ohne die entsprechenden Prozess- und Produktdaten aus der MDE ist das allerdings nicht möglich. Digital erfasste und lückenlos aufgezeichnete Maschinendaten ermöglichen entsprechend eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bei Qualitätsmängeln. Das erleichtert nicht nur die Fehlersuche bei eventuellen Reklamationen, sondern identifiziert wiederum auch Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen.


Beispiel 4: Berechnung des Product Carbon Footprint (PCF)

Im Kontext einer nachhaltigen Fertigung ist die CO2-Bilanz eines Produkts (Englisch: Product Carbon Footprint, PCF) eine wichtige Kennzahl. Für ihre Berechnung sind die genutzten Rohstoffe sowie die technischen Einstellungen an der Produktionslinie maßgebend. Da diese aber je nach Produkt und Auftrag sehr unterschiedlich sein können, muss der PCF immer auftragsbezogen berechnet werden. Auch hier fließen Maschinen- sowie Energie- und Auftragsdaten ein, um die CO2-Emissionen für jeden Auftrag und damit jedes Produkt ganz genau zu ermitteln.

Wie das genau funktioniert, erfährst du in unserem Webinar mit Julius Scheuber, Gründer und Produktmanager bei ENLYZE, und Dr. Karsten Riest, Sustainability Manager bei der KAP AG.

Hier kannst du dir die Aufzeichnung des Webinars anschauen.


Maschinendatenerfassung mit ENLYZE: Daten ab Tag 1 nutzen, ohne IT Projekt

Heute müssen zur Nutzung von Maschinendaten mindestens 4 unterschiedliche Produkte miteinander verheiratet werden. Diese Integration kostet Zeit und Geld.

Das Problem umgehen wir bei ENLYZE indem wir die 4 Produkte in einem Produkt gebündelt haben. Dadurch hast du kein langes IT-Projekt mit hohen Kosten, sondern ein Produkt was von Tag 1 an funktioniert.

  • Unsere Konnektivitätslösung ermöglicht heterogene Maschinenparks schnell und einfach zu digitalisieren.

  • Unsere Datenplattform stellt sicher dass die Daten effizient gesammelt, Maschinen-, Auftrags- und Produktinformationen zusammengeführt und relevante Metriken akkurat und korrekt berechnet werden.

  • Unsere Analysesoftware liefert schlüsselfertige Anwendungen für typische Herausforderungen (OEE Management, Rückverfolgbarkeit etc.) des Shopfloors um schneller Mehrwerte und ROI zu liefern.

  • Um nicht zu einem neuen Daten-Silo zu werden können alle diese Daten exportiert und mit anderen Systemen über moderne Schnittstellen geteilt werden.

Kurz gesagt: Wir befähigen Dich mit Deinen Daten, statt für Deine Daten zu arbeiten sodass du dich auf das heben von Mehrwerten konzentrieren kannst.


Auslesen von Maschinendaten

Welche Hardware gibt es für Maschinendatenerfassung?

Die Maschinendaten werden meist heute schon anhand von Sensoren gemessen und über eine zentrale SPS gesammelt. Diese SPS nutzt diese Daten zur Steuerung und Regelung der Maschine.

Die Daten werden in modernen Fabriken anschließend über Schnittstellen an SCADA- oder DCS-Systeme bis hin zu MES- und ERP-Systemen eingebunden, um Entscheidungen in der Fertigungs- und Unternehmensplanung besser zu informieren. Über entsprechende Software kann aus diesen Daten auch Einblick in Qualitätssicherung und Maschinenwartung genommen werden.

Die Anbindung dieser Daten erfolgt meist über standardisierte Schnittstellen (Mehr dazu unter “Austausch von Maschinendaten aus der SPS zu anderen Systemen”). Fehlen diese, wird die Anbindung komplexer.

Hier erfahren Sie, wie wir bei ENLYZE Ihre Maschinendaten mithilfe des Sparks auslesen.

Welche Software gibt es für Maschinendatenerfassung?

Für die Maschinendatenerfassung stehen spezielle Softwareprogramme zur Verfügung. Meistens verfügen die genutzten Geräte über herstellereigene Programme, wie z.B. Simatic S7 für Siemens SPS-Hardware. Daneben gibt es eine Reihe von Anbietern (wie auch ENLYZE), die für eine Reihe verschiedener SPS die Erfassung und Anbindung der Maschinendaten ermöglichen.

Austausch von Maschinendaten aus der SPS zu anderen Systemen

Meistens sollen diese gesammelten Daten nicht nur an der Maschine bleiben. Die Maschinendaten können in anderen Unternehmensbereichen Auswertungen und Analysen der Prozesse ermöglichen und unterstützen, z.B. in

  • SCADA- oder DCS-Systemen die Prozessleitung vereinfachen

  • MES-Systeme die Fertigung besser planen

  • in ERP-System Maschinen-Verfügbarkeiten anzeigen

  • die Lagerlogistik über Mengen an Rohstoff und Endprodukt informieren

  • Prozessanalysen für die Qualitätssicherung ermöglichen

  • Vorausschauende Maschinenwartung ermöglichen

Die Übertragung der Maschinendaten aus der SPS an ERP-, MES- und andere Planungssysteme erfolgt über Schnittstellen. Üblich sind Schnittstellen wie der OPC-Standard (“Unified Architecture“ OPC-UA, “Distributed Architecture” OPC-DA) oder der Ethernet-Standard “Profinet”.

Die meisten Anbieter von Digitalisierung kommen mit diesen Standards sehr gut zurecht. Schwieriger wird es bei der Anbindung sehr alter Maschinen, die oft über keine standardisierten oder gar keine Schnittstellen verfügen. Hier werden die Möglichkeiten der Anbindung im Einzelfall geprüft und spezielle Lösungen erarbeitet.

Ablauf der automatischen Maschinendatenerfassung

Der Ablauf der automatischen Maschinendatenerfassung ist einfach, insofern es sich um moderne Anlagen handelt. Meist verfügen diese über offene Schnittstellen zur Anbindung an alle ERP-, MES- und andere Planungssoftware. Die Daten werden automatisch von den Maschinen erfasst und über ein zentrales System (z.B. Cloud-Systeme) oder direkt an die Abnehmer übermittelt, was jedoch deutlich komplexer ist.

Wenn es sich um historisch gewachsene Anlagenparks handelt, ist das Auslesen der Maschinendaten eine nochmal deutlich größere Herausforderung. Da diese Maschinen ursprünglich nur an herstellereigene Systeme angebunden werden sollten, haben sie häufig keine offenen Schnittstellen zur Anbindung an moderne, externe Planungssysteme.

Die Anbindung dieser Anlagenparks geschieht dann über Spezialsoftware, die die Daten aus den Steuerungseinheiten auslesen und für Analysen von Produktivität und anderen Optimierungen und die Integration in MES- und ERP-Systeme bereitstellen.

Vorteile der automatischen Maschinendatenerfassung für Unternehmen

Die traditionelle Datenerfassung, z.B. mit analogen, handschriftlichen Protokollen, ist anfällig für Messlücken. Meist werden diese vom Werker direkt oder vom Produktionsleiter ausgefüllt. Durch Krankheit oder unvorhersehbare Hindernisse im Alltag kann das vergessen werden.

Dahingegen sammelt die automatische Maschinendatenerfassung zuverlässig und kontinuierlich Daten über die Produktion, was die Analyse von Problemen und Ursachen leichter macht. Außerdem werden menschliche Messfehler vermieden, die bei manueller Aufnahme durch Werker oder Qualitätsprüfer entstehen.

Die Daten werden automatisch auch schneller und ohne Verzögerung erfasst und direkt in die benötigten Systeme eingespielt. Die automatische Maschinendatenerfassung ist somit eine sehr effiziente Methode, um die Produktion zu überwachen und kontinuierliche Verbesserungen zu planen.

Vorteile und Nachteile der automatisierten MDE:

Wie sieht es mit Maschinendatenerfassung und Datenschutz aus?

Die Maschinendatenerfassung ist ein sensibles Thema, da viele Unternehmen Bedenken bezüglich des Datenschutzes haben. Diese Bedenken sind auch völlig berechtigt, da jede Art von Maschinendatenerfassung ihre Anlage angreifbar macht.

Gleichzeitig muss dieses Risiko jedoch abgewogen werden mit dem immer größer werdenden Konkurrenzdruck und der enorm schnell voranschreitenden Digitalisierung und Automatisierung. Wichtig ist eine durchdachte Digitalisierungsstrategie mit gewissenhafter Abwägung über Gründe, Erwartungen, notwendigem Ausmaß und Verantwortlichkeiten der Digitalisierung unter Einbindung starker Partner.

Viele Cloud-Anbieter z. B. verfügen, anders als häufig angenommen, über die höchste IT-Sicherheit aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und enormen technischen und finanziellen Ressourcen. Das größte Risiko für Datenschutz besteht bei den Endanwendern, die nicht ausreichend geschult wurden oder anderweitig riskantes Verhalten aufzeigen. Eine klare Strategie für den internen Umgang mit Datenschutz ist hier ausschlaggebend.